Ein Praktikerstenogramm von Dr. Karl Erbach
Sechs Jahre nach Einführung der DEK gab es noch nicht viele Praktiker, die
sich des neuen Systems bedienten. Zu den ersten zählte Karl Erbach (1909 Seinen Lebensunterhalt verdiente er mit Kurzschriftunterricht in
München. Seit Anfang 1938 arbeitete Dr. Karl Erbach im Haus der Kurzschrift in Bayreuth und wurde 1940
Stellvertretender Direktor des Deutschen Instituts für Kurzschrift und
Maschinenschreiben. 1942 fiel er in Russland. Die Deutsche
Einheitskurzschrift verdankt Karl Erbach entscheidende Impulse. Von ihm
verfasste oder mitverfasste Werke zählen noch heute zur kurzschriftlichen
Standardliteratur. Mehr über Karl Erbachs Wirken an unserem Institut erfahren
Sie hier. Hier zunächst die zeilenweise Umschrift ohne später notwendige redaktionelle Eingriffe:
Zu
beachten ist auch, dass damals noch keine Musterkürzungen für die Oberstufe
festgelegt waren. Es gab mehrere Richtungen, über die F. Haeger in
seiner "Geschichte der Einheitskurzschrift", Wolfenbüttel ²1972 (S. 71
f.) informiert. Erst 1938 wurde mit der damaligen Beispielsammlung zur
Eilschrift der Urkunde der Deutschen Kurzschrift vom 30. 1. 1936 nach der SU
1936 So
versteht sich, dass das Stenogramm Erbachs zum Teil andere als heute übliche,
aber auch heute durchaus systemgerechte Kürzungen enthält, nur dass das
heutige Kürzungsgebäude anders konstruiert ist. Dazu hat übrigens auch Erbach selbst
Damals wurde einleitend kommentiert, stärkere und weniger starke Kürzungen, glücklich gemischt, hielten sich in der Urschrift von Erbach im Allgemeinen in dem Rahmen der Systemurkunde. Im Einzelnen ist aus heutiger Sicht anzumerken: Zeile 1: bayerisch ist hier wie auch in Zeile 6 ohne Nachsilbe gekürzt, die vor der Angabe des Ministeriums überflüssig ist. Erbach verwendet nicht die zwar sperrige, aber deutliche Kürzung bay. Auch der Kommentator schreibt heute in der Praxis beir. - Für Finanz verwendet Erbach die Schlusssilbe, 1938 bis heute Kürzung für bilanz. Zu ähnlich = älich bemerkt der damalige Kommentator Holzberger, die Schreibung verstoße zwar gegen die verkehrsschriftliche Regel, dass die Nachsilbe -lich nur das Sinnbild von e, ei, aber nicht andere Selbstlautsinnbilder übernehmen könne (ehelich, parteilich, aber nicht anschaulich, abscheulich). In diesem Falle sei die Kürzung analog der Kürzung öffentlich gebildet. Heute bleibt ähnlich auch in der Redeschrift ungekürzt. Die Verwechslungsgefahr der von Erbach verwendeten Kürzung mit eigentlich ist zu groß. Zeile 2: erlassen, desgl. Zeile 7 erwähnt, desgl. Zeile 9 erleichtern: Erbach verwendet den in der SU 1924 in § 16 für den Wortanfang vorgesehenen kurzen waagerechten Anstrich für er-. Das Vorsilbenkürzel wurde von der SU 1936 aufgegeben, wird aber heute noch von Praktikern verwendet. Aus graphischen Gründen ist es nicht überall verwendbar und zum Teil auch undeutlich. Zum Weglassen von für schreibt Holzberger: "Ausgiebig verwendet ... ist das Kürzungsmittel der Weglassung des Geschlechtswortes, leicht zu ergänzender Fürwörter und Verhältniswörter. ... Dabei wird freilich nur ein gutes Gedächtnis entscheiden, ob der Redner 'in Preußen' oder 'für Preußen' gesagt hat. Solcher Telegrammstil ist aber bei Höchstgeschwindigkeiten oft die einzige Rettung." Wir zeigen die im Stenogramm hier und an anderer Stelle weggelassenen Wörter in der Umschrift in eckigen Klammern. Erbach folgt hier der Brachylogie in der Gabelsberger'schen Anleitung. dort d + Aufstrich-t, desgl. in Zeile 7: feste Redeschriftkürzung nach § 43 C SU 1924. Zeile 3: nur = tief gestelltes r: Verkehrsschriftkürzel der SU 1924 (§ 18). Das Kürzel wird 1936 aufgegeben, in der Eilschrift 1936 das heutige Kürzel auf der Oberlinie, das 1968 den Weg in die Verkehrschrift findet. Das damalige Kürzel in Verschmelzungen heute noch in der BS B bei aber nur, nicht nur. In der Deutschen Stenografie der DDR seit 1970 Notizschriftkürzel. Zeile 4: zuständigen: zu- am Wortanfang wird nach der SU 1924 (§ 18) noch wie z geschrieben. Die offene Schreibung galt damals nur, wenn zu allein oder am Wortbildende stand. Die heutige Schreibung seit 1936. Zeile 5: geeignet: Nach § 21 c SU 1924 wurde unbetontes -et in den Neben- und Endsilben nicht bezeichnet, sofern es nicht zur Unterscheidung notwendig war. Zeile 6: Juni: Erbach verwendet zur Kürzung das um eine Stufe tiefgestellte buchstäbliche i der SU 1924 (§ 9). Die Vokalzeichen der e-Gruppe hatten noch einen Abstrich, ähnlich dem heutigen Häkchen, der allerdings am Wortbildende bei ei (ai), o und unbetontem e wegfiel. Die SU 1936 hat diesen Abstrich aufgegeben. Holzberger verweist in seiner Kommentierung darauf, dass schon damals andere Praktiker tief gestelltes Eilschrift-i für Juni geschrieben haben. Auch der Kommentator kürzt so den Monatsnamen. Zeile 7: Kredit: Holzberger stellt die Kürzung auf das Zeichen cr als eigene Schreibung Erbachs heraus. Die Schreibung wurde in der SU 1936 nach § 9.5 c als wahlfreies Kürzel gelehrt. Das Kürzel wurde 1968 zugunsten der schon damals und seitdem wieder verwendeten Kürzung kr-it aufgegeben. Die BS B der Wiener Urkunde hat das Zeichen cr zunächst für die Abkürzung CSSR verwendet. Mit Ende der Tschechoslowakei haben sich ein entsprechendes Stichwort und diese Kürzung in der BS B erübrigt, die seit der Neubearbeitung 1991 ein Stichwort tschechisch enthält. Das Zeichen cr steht also für die Neubildung von Kürzungen zur Verfügung. Holzberger moniert, dass Erbach dass die zusammengeschrieben hat. Auch heute gilt, dass Konjunktionen und Pronomina zusammenzuschreiben sind, aber nicht Konjunktionen und Artikel. Die Praxis hält sich aber nicht daran: dass die kommt wesentlich häufiger vor als dass ich . Zeile 8: getroffen wurde, desgl. Zeile 12 herabgesetzt wurden: Holzberger vermerkt, dass diese Verschmelzungen aus Schaibles Schule stammen. Die heute nach § 20.1 b WU mögliche Verschmelzung wird in der BS B beim Stichwort wurde für gedacht wurde, geladen wurde, gemacht wurde gezeigt. Zeile 9: Erklärungen: Im Wörterbuch der Einheitskurzschrift, Wolfenbüttel 31929, hat Josef Brandenburg die von Erbach verwendete Kürzung, eine Zusammenziehung von Vor- und Nachsilbe, durch einen Stern gekennzeichnet, womit sie über die damaligen Regeln hinausging und in redeschriftlichen Schönschreibarbeiten nicht verwendet werden durfte. Holzberger hält die Verschmelzung für kühn, aber durch § 53 SU 1924 gedeckt, der etwa § 10.5 SU 1968 entspricht. Staatsrat: Für Rat wurde bis zum Entstehen der Bundesrepublik Deutschland die Auslautkürzung verwendet, so auch noch in der Beispielsammlung zur Eilschrift von 1938. Da auch Staat auf Auslaut gekürzt wird und für dieses Wort eine andere Kürzungsart nicht in Frage kommt, wurde wegen der Verwechslungsmöglichkeiten Bundesstaat : Bundesrat u. a. für Rat die Anlautkürzung gewählt, wie heute in der BS B vielfach dokumentiert. Für Räte, Rätsel ist es bei der Auslautkürzung geblieben. Zeile 10: Innungen: Die SU 1924 sah in § 18 das Kürzel in(n)
vor, womit dieses Kürzel einen wesentlich höheren Anwendungsbereich hatte,
eben auch für Innung. Die SU hat die Anwendung auf in
eingeschränkt. zeigen: Gemeint ist zeugen. Erbach ist möglicherweise hier ein Opfer bayerischer mundartlicher Aussprache geworden,
bei der eu Dr. Hans-Jürgen Bäse Dr. Karl Erbach © 2001 Forschungs- und Ausbildungsstätte für Kurzschrift und Textverarbeitung in Bayreuth E. V.; Nachdruck oder anderweitige Verbreitung nur mit Genehmigung der Forschungs- und Ausbildungsstätte. |