Wie funktioniert Kurzschrift?

oder: "Steno-how"

    Schon vor über 2000 Jahren wurden die Tironischen Noten im Römischen Senat zur Aufzeichnung von Debatten genutzt, später in ganz Europa als Akten- und Kanzleischrift. Mehr als tausend Jahre lang lässt sich die Anwendung dieses Systems nachweisen. Moderne (neu)geometrische Stenografiesysteme entstanden ab 1602 in England und weltweit. Bis in die Gegenwart wurden viele hundert unterschiedliche Systeme ersonnen. Im angelsächsischen und romanischen Raum (außer Italien) dominieren dabei geometrische Kurzschriften, in Zentral- und Osteuropa sowie in Skandinavien kursive Stenografien. (Weitere Informationen finden Sie unter Kurzschriftgeschichte.)

    Kurzschriftsysteme sind weitgehend sprachenspezifisch, weil sie für die betreffende Sprache die Möglichkeiten optimieren, die sich aufgrund der lautlichen Häufigkeitsverteilung und der sprachlichen Redundanz ergeben. Für die deutsche Sprache wurde auf der Basis von Vorläufersystemen wie Gabelsberger, Stolze-Schrey etc. die Deutsche Einheitskurzschrift (DEK) entwickelt. Ihre Leistungsfähigkeit ist auch im PC-Zeitalter unerreicht. Bewährte grafische Kurzschriftsysteme erzielen hohe "Datenerfassungsraten", da sie den Informationsgehalt mit grafischen und sprachlichen Mitteln verdichten (Kürzungstechnik).

    Zu den Funktionsprinzipien der Deutschen Einheitskurzschrift (DEK):

    Für die Mitlaute (und einige Mitlautfolgen) sind einfache Zeichen definiert. Etwa 100 häufig gebrauchten Wörtern und Wortteilen wurden Kürzel zugewiesen. Selbstlaute werden i. d. R. nicht mit eigenen Zeichen geschrieben, sondern durch die Art der Verbindung der benachbarten Mitlautzeichen symbolisiert. Durch die Verschiebung des nachfolgenden Mitlautzeichens (zwei Weiten, drei Höhen) bzw. das Merkmal der Strichstärke entstehen Darstellungsmöglichkeiten für zwölf Selbstlaute. Unbezeichnet bleiben zumeist Mitlautverdoppelungen, Dehnungslaute und die Großschreibung. Auch Fremdsprachen können mit der DEK bewältigt werden.

    Drei Systemstufen sorgen für eine anwendungsspezifische Kürze der Schrift:

    • Die Verkehrsschrift (Korrespondenzschrift, Notizschrift) ist die Eingangsstufe. Man erlernt zwar eine Reihe festgelegter Kürzel; darüber hinaus wird auf dieser Ebene aber noch nicht gekürzt. Trotzdem ist schon die Verkehrsschrift bis zu viermal schneller als die normale Handschrift. Konzepte, Ideen und Reden lassen sich wesentlich rascher erfassen als durch flotte Tastatureingabe am Computer.
       
    • Darauf baut die Eilschrift auf, die mit Kürzungsprinzipien vertraut macht und ein Notieren und Konzipieren in „Echtzeit“ ermöglicht.
       
    • Die hierauf aufbauende Redeschrift (Debattenschrift) ist eine Hochleistungsstenografie, die u. a. in Parlamenten, bei Konferenzen, Kongressen oder vor Gericht Anwendung findet.

    Sollten Sie die Kurzschrift erlernen wollen, empfehlen wir Ihnen einen Kurs im örtlichen Stenografenverein oder an der Volkshochschule. Wenn Sie sich die Stenografie im Selbststudium aneignen möchten, eignet sich besonders das Lehrbuch „Steno heute - programmiert“ von Bernhard und Ilse Drews.

    Viele bedeutende Persönlichkeiten haben die Kurzschrift ihr Leben lang als nützliches Handwerkszeug angewandt, u. a.: Prof. Isaac Newton, Charles Dickens, Wilhelm Busch, Prof. Dr. Edmund Husserl, Alexander von Humboldt, Bertolt Brecht, Astrid Lindgren, Dr. Kurt Tucholsky, Dr. Alfred Brehm, Prof. Rudolf Virchow, Dr. Sven Hedin, Dr. Franz Kafka, Dr. Erich Kästner, Dr. Theo Waigel, Prof. Dr. Konrad Zuse, Dr. Edith Stein, Otto Lilienthal, Prof. Dr. Max Planck …